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Enerige & Management > Wirtschaft - Leine Netz: Trennung aus „außerordentlichen Gründen“
Quelle: Fotolia / H-J Paulsen
WIRTSCHAFT:
Leine Netz: Trennung aus „außerordentlichen Gründen“
Die Stadtwerke Garbsen haben die Verträge für die gemeinsame Netzgesellschaft mit den Kollegen in Neustadt fristlos gekündigt. Ob zurecht, muss vor Gericht entschieden werden.
 
Der geplante Verkauf des Strom- und Gasnetzes der Stadtwerke Garbsen an Enercity stößt auf doppelten juristischen Widerstand: Sowohl die Stadtwerke Neustadt am Rübenberge, die 50 Prozent am Gemeinschaftsunternehmen Leine Netz halten, als auch die Eon-Tochter Avacon gehen gerichtlich gegen den Deal vor. Avacon ist mit jeweils 24,9 Prozent an den Stadtnetzen Neustadt und den Stadtwerken Garbsen beteiligt. Beide Rechtsstreite beschäftigen im September das Landgericht Hannover.

Avacon fühlt sich von Garbsen übergangen. Von dem grundsätzlichen Bestreben in Garbsen, die Kooperation in der Leinenetz auflösen und die Strom- und Gasnetze veräußern zu wollen, habe man gewusst, teilt ein Sprecher des Energieversorgers mit. Doch „die konkreten Pläne der Stadt beziehungsweise Stadtwerke Garbsen waren uns nicht bekannt“. Avacon sieht seine Rechte „als Anteilseigner in Bezug auf den Aufsichtsratsbeschluss zum angestrebten Verkauf der Strom- und Gasnetze nicht ausreichend gewahrt“.

Um den Deal zwischen Garbsen und Enercity zu stoppen, hat das Unternehmen am 19. August eine einstweilige Verfügung beantragt. Das Gericht hielt den Antrag nicht für eilbedürftig, der Fall soll am 26. September verhandelt werden. Avacon selbst zeigt kein Interesse, das Netz zu erwerben. Man habe „kein verbindliches Angebot im Rahmen eines Vergabeverfahrens abgegeben“, sagt der Unternehmenssprecher.

Die Stadtwerke Neustadt haben nach eigener Aussage drei Klagen eingereicht. Dort zweifelt man an der Rechtmäßigkeit der Vertragskündigungen. Auch in Neustadt ist man offenbar überrascht worden von der öffentlichen Ankündigung des Verkaufs (wir berichteten). Weder Geschäftsführung noch Aufsichtsrat seien von Garbsener Seite vorher informiert worden, heißt es. Es sei überhaupt nicht geklärt, dass Garbsen das Netz jetzt verkaufen könne, so ein Sprecher des Neustädter Kommunalversorgers. Die Verträge der Leine Netz liefen teils noch bis zum Jahr 2030. Enercity, so die Ankündigung, soll sich um die Garbsener Netze ab 1. Januar 2026 kümmern.
  Garbsen: Entscheidung für eine schnelle Energiewende

Die Stadtwerke Garbsen sprechen von einer Entscheidung mit Blick in die weitere Zukunft. „Durch die Partnerschaft mit Enercity sind die langfristig für die Energiewende erforderlichen Investitionen garantiert“, sagt Geschäftsführer Daniel Wolter im Gespräch mit dieser Redaktion. Mit der bisherigen Gesellschaft hätte man zwar die Investitionen für die kommenden fünf Jahre tätigen können, danach aber wäre nicht sicher gewesen, ob nicht etwa die Kommunen hätten Geld zuschießen müssen, um die Ziele bis 2045 zu erreichen. „Das schnellstmögliche Gelingen der Energiewende in Garbsen sei der treibende Faktor für den Verkauf“, sagt Wolter.

Gekündigt haben die Stadtwerke Garbsen den Konsortialvertrag mit den Kollegen in Neustadt sowie die Pachtverträge. Die Kündigungen erfolgten laut Wolter „fristlos“. Zu den Gründen, die eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen, wollen sich die Stadtwerke Garbsen wegen des laufenden Verfahrens nicht äußern.

Die wirtschaftliche Entwicklung von Leine Netz spielt dem Vernehmen nach keine Rolle. Viermal, seit der Gründung im Jahr 2020 in ihrer jetzigen Form, habe die Leine Netz GmbH Verlust gemacht, so Wolter. „Das sehen wir kritisch, aber das ist nicht der Grund für unsere Verkaufsabsicht.“

Nach dem jüngsten online im Bundesanzeiger veröffentlichte Jahresabschluss erzielte Leine Netz im Geschäftsjahr 2022 einen Fehlbetrag in Höhe von 1,5 Millionen Euro. Zur Begründung hieß es, das Defizit sei „überwiegend auf das Regulierungsregime zurückzuführen“. Im Jahr 2021 betrug der Fehlbetrag 2,5 Millionen Euro, 2020 stand ein Minus von 2,2 Millionen Euro zu Buche.

Enercity: Rechtlich „keine Unklarheiten“

In Hannover rechnet man nicht damit, dass das Gericht den Verkauf stoppt. „Aus unserer Sicht gibt es keine Unklarheiten“, sagt ein Sprecher von Enercity im Hinblick auf die strittigen Vertragskündigungen. Das gelte auch für die Vergabe: „Die Entscheidungsprozesse erfolgten rechtskonform. Enercity wurde neben anderen im Rahmen eines wettbewerbskonformen Prozesses zur Abgabe eines Angebots aufgefordert. Dem sind wir nachgekommen und haben letztendlich den Zuschlag erhalten.“ Auch habe die Aufsichtsbehörde keine Einwände gegen eine Veräußerung der Netze durch die Stadtwerke Garbsen an Enercity erhoben.

Der hannoversche Energiekonzern, der 20 Prozent der Anteile an den Stadtwerken besitzt, beschreibt das Vorhaben als Kooperation, „um gemeinsam die Energieversorgung in Garbsen voranzubringen“. Ziel sei es, „die Netzinfrastruktur der Kommune zukunftsfähig aufzustellen und die Stadtwerke Garbsen nachhaltig zu unterstützen. „Zu diesem Zweck kauft Enercity das Strom- und Gasnetz von den Stadtwerken Garbsen und plant, dieses in Zukunft auch selbst zu betreiben.“ Was wird aus der bestehenden Netzgesellschaft? „Über die Zukunft der Leine Netz entscheiden deren Gesellschafter.“
 

Manfred Fischer
© 2025 Energie & Management GmbH
Dienstag, 27.08.2024, 15:37 Uhr

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